Notrufsysteme, mit denen man aus einem stillstehenden Aufzug mit einer Alarmzentrale kommunizieren kann, gibt es schon länger. Neu ist, dass auch die Aufzüge in eigener Sache Hilfe anfordern können.
Man spricht von prädiktiver Wartung: Im Aufzug und im Schacht verbaute Sensoren übermitteln laufend Parameter wie Auslastung, Bewegung oder Geschwindigkeit in die Cloud, wo sie mit Referenzwerten ähnlicher Aufzüge abgeglichen werden. Selbstlernende Algorithmen optimieren das System, sodass dieses frühzeitig erfährt, wenn etwas nicht stimmt, und über die Erstintervention entscheidet.
Ein konkretes Beispiel – ein bekanntes Ärgernis für Fahrgäste ebenso wie für Immobilienverwalter und Servicetechniker: zitternde Aufzugstüren, die sich mehrmals öffnen, nervös hin- und herfahren, plötzlich stillstehen und die Wartungskosten in die Höhe treiben. Ursachen für die Störung mag es viele geben. Mit einer rechtzeitigen Intervention lässt sich aber eine grössere Reparatur oder ein Ersatz von Komponenten vermeiden. Voraussetzung dafür ist, dass Unregelmässigkeiten im Betrieb frühzeitig erkannt werden.
Vorbeugen ist besser als heilen
Das Prinzip ist nicht neu: Auch beim Menschen ist es teurer und komplizierter, erst dann zum Arzt zu gehen, wenn nichts mehr funktioniert. Deshalb gibt es Vorsorgeuntersuchungen – und zunehmend Telemedizin. Sensoren am Handgelenk oder in Apps sammeln Daten, künstliche Intelligenz vergleicht sie mit anderen Patientenprofilen und erkennt Muster. Krankenkassen übernehmen vorbeugendes Screening, weil es über die gesamte Lebensdauer hinweg die Kosten senkt.
Melden die Sensoren eines Aufzugs ein Problem, findet eine erste KI-gesteuerte Triage statt. Kleine Unregelmäßigen, die den Betrieb zumindest kurzfristig nicht beeinträchtigen, für den nächsten ordentlichen Wartungstermin notiert. Sie können aber von den Liegenschaftsverwaltungen in Echtzeit im Online-Kundenportal oder auf der App eingesehen werden. Bei schwerwiegenden Problemen informiert das System sofort die Verwaltung und einen Techniker, oft bevor die Bewohner überhaupt etwas bemerken.
Kosten- und andere Einsparungen
Die Einsparungen durch prädiktive Wartung sind enorm. KONE hat ermittelt, dass die entsprechend aufgerüsteten Aufzüge in den ersten zwei Jahren über 40 Prozent weniger Ausfälle verzeichnen. 60 Prozent aller potenziellen Fehler können proaktiv identifiziert werden. Die Zahl der Anrufe wegen Störungsfällen ist durch die prädiktive Wartung um bis zu 40 Prozent gesunken. Und der Effekt reicht über die reine Kosteneinsparung hinaus – längere Lebensdauer, weniger Anfahrten und geringerer Materialverbrauch leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.
Die Cloud-basierte Aufzugswartung ist ein selbst-lernendes System. Die Lifte senden permanent Signale über Auslastung, Bewegungsprofile oder Geschwindigkeit. All das wird gespeichert, in die Cloud übertragen und mit Referenzwerten abgeglichen. Diese stammen entweder aus dem bisherigen Betrieb der Anlage oder aus den Daten anderer, vergleichbarer «Lift-Kollegen» weltweit. Algorithmen optimieren das System kontinuierlich.
Für das Liegenschaften-Management bedeutet das konkret: Der Zustand der Anlagen ist in Echtzeit auf Knopfdruck kontrollierbar. Die Ausgaben von morgen, etwa für größere Reparaturen, sind heute schon bekannt und werden in einer Service-App in mehrjährigen Übersichten ausgewiesen. Die in der Cloud validierten Nutzungs- und Zustandsdaten ermöglichen eine zuverlässigere Investitionsplanung.
Auch ältere Anlagen kompatibel
Die Sensoren können in fast alle Aufzüge eingebaut und mit einer Wartungs-App verbunden werden. Das gilt auch für ältere Modelle. In der Praxis geschieht das meistens im Rahmen einer Modernisierung des alten Aufzugs, die nebst dem Austausch der Steuerung bei Bedarf auch weitere Komponenten wie Türen und Antrieb umfasst, oder durch einen Komplettaustausch.
Damit wird die Anlage wieder auf den Stand der Technik gebracht und ist mit der nötigen Konnektivität für prädiktive Wartung und zukünftige digitale Service ausgestattet. Zudem können hohe Reparaturkosten vermieden und Energie eingespart werden.
Lebenserwartung der Aufzugskomponenten
Prädiktive Wartung verlängert die Lebensdauer eines Aufzugs. Sie kann aber nicht verhindern, dass zentrale Komponenten nach einer gewissen Zeit in ein kritisches Alter kommen.
Die Steuerung – das Gehirn eines Aufzugs – wird in der Regel nach gut 20 Jahren ersetzt, bei älteren Modellen, die noch auf Relaistechnik basieren, etwas früher. Die Lebensdauer des Umrichters, der Geschwindigkeit und Fahrtrichtung reguliert und eine häufige Störungsursache darstellt, beträgt 15 bis 20 Jahre.
Wann ein Aufzug idealerweise modernisiert wird, hängt vom Zustand der einzelnen Komponenten und den Ansprüchen der Betreiber ab. Alterserscheinungen können seltsame Geräusche, träge Geschwindigkeit, klemmende Türen und ungenaue Nivellierung beim Anhalten sein. Das sind erste Anzeichen dafür, dass der Aufzug die Aufmerksamkeit von Modernisierungsexperten benötigt. Spätestens bei häufigen Ausfällen, schwer zu findenden Ersatzteilen und ausufernden Reparaturkosten steht fest, dass ein Lift die guten Jahre hinter sich hat.
Prädiktive Wartung unterstützt die Liegenschaftenverwaltungen dabei, den optimalen Zeitpunkt für eine Modernisierung zu bestimmen und die Lebensdauer der Anlage zu verlängern.
Autoren diese Artikels: Maximilian Fiedler, Offering & Sales Development Manager Digital Services bei KONE & Matthias Meiner, Modernization Offering & Sales Development Manager bei KONE.